Samstag, 9. März 2019

Früher waren wir alt


Ja, früher.
Da war man schon mit 60 ein Kandidat fürs Altersheim. Mit 50 sah man aus wie der Waldschrat. Mit Sandalen, dicker Brille, unifarben gekleidet, gerne in einem trendigen hellen Braunton oder einem schnarchigen Mittelgrau. Mit 50 bestand das soziale Leben hauptsächlich aus bierseligen Stammtischen. Oder Blasmusik. Und mit 40 fielen die Haare aus und man lies sich einen Schnäutzer stehen. Alles über 30 war ohnehin eine komplett andere Generation. Und vor allem eines – alt.

Heute ist man selbst nicht nur älter, heute ist auch das älter jünger. Natürlich ändert sich der Blick darauf, wenn die eigenen Jahre zunehmen. Natürlich sieht man dann Dinge anders – und natürlich fühlt man sich dann nicht automatisch alt, weil man das für andere, viel jüngere,  wäre. Mittlerweile ist es viel schwieriger geworden, das Alter zu erkennen. Nicht nur ist die Ernährung und medizinische Versorgung viel besser (und davon profitieren der Körper, Muskeln, Haut und Knochen), auch und eventuell mit daraus einhergehend wirkt man auch viel weniger älter. Die Generationen sind zumindest etwas näher aneinander gerückt. Natürlich hört ein Jugendlicher auch heute mehrheitlich andere Musik, aber die Überschneidungsebenen sind größer. Es gibt Musik, die alle hören können, das mag Musik wie die von ABBA, Queen oder den Ärzten betreffen. Und das war nicht immer so. 

Die Rebellion war stärker, das Ausgefallene leichter zu erreichen, die Abgrenzung ebenfalls. Da war aber auch der grundsätzliche Graben stärker. Zumindest für eine gewisse Zeit.
Man ist heute aktiver, länger fit, vielleicht aber auch nur länger jung. Wer mit der Technik mithält und nicht schon mit 14 die Egerländer Musikanten gehört hat, wer Turnschuhe trägt und nicht modisch im Knallbunten der 80er gefangen ist, der fühlt sich selbst schon ganz anders, der kann eventuell das Nutzen, was Medizin und Nahrung, Friedenszeit und Wohnmöglichkeit ihm bieten. 

Länger jung zu bleiben mag kein direktes Gut sein. Die Doofheit will niemand zurück, die gewonnene Erfahrung verlieren ebenso. Jung mit Erfahrung sein, das ist es, was eher zählen würde. Das geht heute einfacher, das muss man aber auch teilweise weniger betonen, weil es einfach da ist und der Graben viel kleiner geworden ist. Er ist da, aber er beginnt später. Dann wenn der Körper wirklich stärker abbaut, dann wen man sich selbst abkapselt, dann wenn jede Veränderung unerwünscht is. Aber dann ist man immer noch später alt (und weise) als das früher der Fall war. 
Wir sind also eigentlich alle jünger - bis auf die, die so jung sind, das sie wiederum älter sein wollen.

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