Dienstag, 12. März 2019

Das Product Placement des Jahres


Erst vor einer Woche habe ich eigentlich alles über die Pro7-Show “Das Ding des Jahres“ gesagt, was man sagen kann. Lahme Erfindungen, ellenlange Dauer, viel zu viel Werbung. Das war eigentlich nicht mehr zu toppen – zumindest wollte ich kein Wort mehr drüber verlieren. Doch dann schießt “Das Ding des Jahres“ das Unding des Jahres ab, indem in der Erfindershow ein Produkt vorgestellt wird, dass es nicht nur seit mindestens acht Jahren gibt, sondern das schon ebenso lang auf dem Markt ist und seine Vertriebswege vor allem im Verkaufsfernsehen hat. 
Der Überkochschutz wird hier aber quasi als neue Erfindung dargestellt, dessen Erfinder sich die potentiellen 100.000,- Euro Preisgeld bestimmt verdient hat. Man mag es sicher dem Menschen gönnen, aber gibt es wirklich einen Redakteur im Team, der  auf die Idee kommt, dass das etwas anderes als ein kostenloser ellenlanger Werbeclip für das Produkt ist? Nunja, das ist es ja immer, aber eben nicht für eines, dass nicht nur am Markt ist, sondern dort auch gehörige Absatzzahlen hat. Wäre es hier nicht angemessener gewesen, den Überkochschutz für einen Werbespot zahlen zu lassen, anstelle ihm noch einen Geldgewinn zu ermöglichen? Und ohne Zweifel muss man die Frage zulassen, ob das Produkt etwas für die Platzierung gezahlt hat? Wie dem auch sei – durch diesen unsinnigen Fehler, Misentscheidung oder einfach nur im besten Fall schlechte Recherche, kann man definitiv nichts mehr von der Sendung erwarten. Wer wird der nächste “Erfinder“ sein? Ein besonders scharfes Messerset von einem anderen Verkaufskanal oder doch ein großer Limonadenkonzern, der eine neue Geschmacksrichtung auf den Markt bringt?

Das interne Duell hat das Produkt übrigens gewonnen. Und auch den Tagessieg in der Ausgabe. Jetzt darf es noch einmal präsentiert werden bei der großen Finalsendung. Dann aber bitte mit einem hoffentlich deutlich lesbaren “Dauerwerbesendung“-Schriftzug in der Ecke.

Samstag, 9. März 2019

Früher waren wir alt


Ja, früher.
Da war man schon mit 60 ein Kandidat fürs Altersheim. Mit 50 sah man aus wie der Waldschrat. Mit Sandalen, dicker Brille, unifarben gekleidet, gerne in einem trendigen hellen Braunton oder einem schnarchigen Mittelgrau. Mit 50 bestand das soziale Leben hauptsächlich aus bierseligen Stammtischen. Oder Blasmusik. Und mit 40 fielen die Haare aus und man lies sich einen Schnäutzer stehen. Alles über 30 war ohnehin eine komplett andere Generation. Und vor allem eines – alt.

Heute ist man selbst nicht nur älter, heute ist auch das älter jünger. Natürlich ändert sich der Blick darauf, wenn die eigenen Jahre zunehmen. Natürlich sieht man dann Dinge anders – und natürlich fühlt man sich dann nicht automatisch alt, weil man das für andere, viel jüngere,  wäre. Mittlerweile ist es viel schwieriger geworden, das Alter zu erkennen. Nicht nur ist die Ernährung und medizinische Versorgung viel besser (und davon profitieren der Körper, Muskeln, Haut und Knochen), auch und eventuell mit daraus einhergehend wirkt man auch viel weniger älter. Die Generationen sind zumindest etwas näher aneinander gerückt. Natürlich hört ein Jugendlicher auch heute mehrheitlich andere Musik, aber die Überschneidungsebenen sind größer. Es gibt Musik, die alle hören können, das mag Musik wie die von ABBA, Queen oder den Ärzten betreffen. Und das war nicht immer so. 

Die Rebellion war stärker, das Ausgefallene leichter zu erreichen, die Abgrenzung ebenfalls. Da war aber auch der grundsätzliche Graben stärker. Zumindest für eine gewisse Zeit.
Man ist heute aktiver, länger fit, vielleicht aber auch nur länger jung. Wer mit der Technik mithält und nicht schon mit 14 die Egerländer Musikanten gehört hat, wer Turnschuhe trägt und nicht modisch im Knallbunten der 80er gefangen ist, der fühlt sich selbst schon ganz anders, der kann eventuell das Nutzen, was Medizin und Nahrung, Friedenszeit und Wohnmöglichkeit ihm bieten. 

Länger jung zu bleiben mag kein direktes Gut sein. Die Doofheit will niemand zurück, die gewonnene Erfahrung verlieren ebenso. Jung mit Erfahrung sein, das ist es, was eher zählen würde. Das geht heute einfacher, das muss man aber auch teilweise weniger betonen, weil es einfach da ist und der Graben viel kleiner geworden ist. Er ist da, aber er beginnt später. Dann wenn der Körper wirklich stärker abbaut, dann wen man sich selbst abkapselt, dann wenn jede Veränderung unerwünscht is. Aber dann ist man immer noch später alt (und weise) als das früher der Fall war. 
Wir sind also eigentlich alle jünger - bis auf die, die so jung sind, das sie wiederum älter sein wollen.

Samstag, 2. März 2019

Das Ding des Jahres ist es nicht


Stefan Raab ist nicht mehr vor der Kamera aktiv, doch seine Firma entwickelt weiterhin Ideen. Irgendwie ist man um den Zug um “Die Höhle der Löwen“ aufgesprungen, wobei dieses Format ja auch nicht die erste Erfindersuche im deutschen Fernsehen war. Während letzteres von den Investoren und dem potentiellen Vertragsdeal lebt, so stellen bei “Das Ding des Jahres“ auf Pro7 Erfinder im Duell ihre Produkte vor, wobei sie von einer Jury begutachtet werden, die sich aus Moderatoren und Geschäftsführern zusammensetzt und dann das Publikum abstimmt. Der Gewinner eines Duells kommt dann zum Endentscheid der jeweiligen Sendung, dessen Sieger im Staffelfinale einen grossen Werbedeal gewinnen kann.

So gut, so bekannt und da die Jury relativ blass bleibt (sie gibt ja auch nur eine Wertung ab und hat keinen echten Einfluss), müssen vor allem die Erfindungen und deren Urheber ziehen. Im Folge zwei diesen Jahres, sind dann solch unbedingt benötigte Highlights wie ein Brettchen, dass die Krümel beim Essen auf dem Sofa auffängt, eine Laptoptasche mit allerlei Krimskrams drin oder ein Zusammenclipbarer Rahmen, der einen ein Rollo in ein Fenster montieren lässt. Hui, klingt das spannend, denkt man doch unweigerlich. Darauf hat sicher jeder all die Jahre gewartet. Das Rollo tritt dann im direkten Duell gegen einen Duschgelhalter an, der die Pflegeprodukte über einen Magneten an die Fliesen der Dusche pinnt. Da zeigt sich, dass diese Duelle reichlich willkürlich sind und in dem Fall wie die Wahl des kleineren Übels anmuten.

Ja, aber vielleicht war einfach gerade diese Sendung schwach, mag man dann denken, aber auch die erste Folge trumpft mit unglaublich wichtigen Errungenschaften auf. Darunter fallen z.B. Griffe, die am Käse angebracht, damit man diesen ohne ekligen potentiellen Hautkontakt schneiden kann oder einen Greifer für das gehackte Holz, der so neu ist, dass ich sicher bin das Produkt schon vor Jahrzehnten in Filmen gesehen zu habe. Ganz ehrlich, die Show klingt vom Konzept her gut, auch die Tatsache, dass die Zuschauer entscheiden ist durchaus nicht schlecht, schließlich geht es in der Regel um Alltagsprodukte und da mag eine Jurymeinung immer auch arg subjektiv geprägt sein. Doch ganz ehrlich – die gezeigten “Erfindungen“ und deren Macher sind in der Mehrheit weder interessant noch hat man darauf gewartet, als dass man (mit massiven Werbeblöcken) geschlagene zweieinhalb Stunden durchstehen würde. Je Folge, versteh sich.

Abgesehen davon ist derzeit auch wieder SAT1 und “The Biggest Looser“ im Rennen, die zum jeweiligen Wochenfinale das große Wiegen stattfinden lassen – eine Zeremonie, die sich streckt wie zäher Kaugummi, denn es wird gewogen, gewogen, gewogen (Werbung) und gewogen. Am Ende gibt´s dann noch einen Touch Psychoterror, wenn die beiden Letztplatzierten zum Abschuss freigegeben werden, denn die  anderen Teilnehmer bestimmen öffentlich, wer rausfliegt. Das birgt natürlich auch noch gewolltes Potential für zukünftige Streitereien, denn natürlich bleibt auch einer der beiden letzten drin und der soll dann hoffentlich etwas stinkig sein auf die, die gegen ihn votiert haben. Also nicht nur menschenfreundliche Hilfe beim Abnehmen, sondern auch unnötige Psychospielchen sind mit im Programm. 

“Das Ding des Jahres“ ist auf keinen Fall das selbige und der “Biggest Looser“ kann manchmal vorzeitig etwaigen weiteren Peinlichkeiten entkommen, obwohl er nicht gewinnt.
Beides ist paradox, beides ist ein Ausdruck der modernen Welt, wenn ich mal philosophisch hochtrabende Worte gebrauchen darf.