Freitag, 9. Februar 2018

Deutschland sucht – und findet selten etwas



Das Jahr lässt sich in vieles einteilen. Jahreszeiten, Steuerquartale, Semester, Schulzeit – je nachdem, was gerade wichtig ist für einen. Aber eigentlich orientiert sich der normale Allesseher vor allem am jährlichen Suchrhythmus der TV-Sender.

Vor allem RTL scheint auf der Suche zu sein, zu Beginn des Jahres vor allem nach dem Dschungelkönig und dem Bachelor. Pro7 steigt mittlerweile auch ein und hält nach dem nächsten Topmodel Ausschau. Deutschlands Superstar will ebenfalls gerade gefunden werden – und natürlich auch bald The Voice of Germany, wobei neben The Voice Kids auch noch der Ableger The Voice Senior angedroht wurde (das ist kein Witz).

Der größte Verlierer (Biggest Loser) läuft ebenfalls gerade an, betreut von SAT1, Schwiegertöchter werden danach gesucht. Im Sommer geht es dann etwas zurück, zu befürchten ist da ab und an mal eine Bachelorette oder dass Kay One wieder jemanden finden möchte.
Zum Schluß des Jahres versüßen uns das Supertalent und Bauer sucht Frau die herbstlichen Tage – immerhin bleibt einem der Verliererreigen um Traumfrau gesucht erspart, bzw. gibt es nur Wiederholungen zu sehen.

Am Ende muss man sich dennoch fragen, ob für alles, was da gesucht wird wirklich Platz da ist. Der ein oder andere der ehemaligen Super-was-auch-immer-Talente hat tatsächlich auf die ein oder andere Weise seinen Fuß in die Branche bekommen, die Mehrheit aber ist, trotz massiver Werbung, Teeniefans und Stilisierung, fast schon am Tage nach der Kür vergessen und wird sich später nur noch in sendereigenen Boulevard-Formaten als Kanonenfutter wiederfinden.
Letztlich ist es eben doch nur das Gleiche, das einem immer wieder vorgesetzt wird. Ganz deutlich wird das bei Big Brother, wo man komplett auf das normale Format verzichtet und nur die Promi-Variante in den Ring schickt. 

Nunja, es hätte ja auch etwas nachteiliges, wenn noch weitere Formate dieser Art wegen anerkannter Unwichtigkeit eingehen würden, denn dann müsste man ja sein Fernsehjahr komplett neu strukturieren – und das ist einfach viel zu viel Arbeit.

Mittwoch, 7. Februar 2018

Flüstern und Reimen – Werbung für Doofe



Vor einigen Jahren hat eine Katalogfirma Werbespots mit einer geflüsterten Frauenstimme geschaltet. Das war eingängig, neu, innovativ auf zumindest irgendeine Art und hat vor allem die angepeilte Zielgruppe angesprochen. Das haben nicht nur die Zuschauer bemerkt, sondern auch andere Agenturen oder Auftraggeber, denn was mittlerweile alles geflüstert wird, ist geradezu inflationär. 

Junge, sexy Frauenstimmen flüstern eigentlich permanent zu irgendwelchen Produkten, wobei es schwer wird, überhaupt einen Namen zu nennen, denn anscheinend ist vor lauter Kreativität den ganzen Machern und vor allem deren Kunden eines komplett abhanden gekommen – nämlich das einfache Urteilsvermögen. Die Flüsterei war sicher neu, aber sie prägte auch dessen Verwendung. Wird mit der sexy Frauenstimme geflüstert, so denkt man als Zuschauer immer an das Hamburger Versandhaus, egal ob da eine andere Marke genannt wird. Das wird damit einfach assoziiert und wer weiß, dass Werbung unterschwellig wirkt und selten direkt, für den ergibt sich die Frage, warum Werbeträger das Markenzeichen einer anderen Marke verwenden und diese damit fördern, anstelle etwas eigenes anzustoßen. Es zeigt, wie gut die Werbung eigentlich war, dass selbst Profis oder Marken nicht auffällt, dass sie unterschwellig nur die andere Marke fördern und sich selbst im gleichen Zeitraum nichts aufbauen. 

Die andere Strömung ist derzeit die reimende Werbung. Was auf dem Papier klingt wie anno 1910, das funktioniert in der Praxis noch, so lange das Zielpublikum einigermaßen dafür empfänglich ist, so z.B. in der Weihnachtszeit oder gegebenenfalls bei Schokolade und Wohlfühlstimmung, doch je weniger kindlich-süsslich das Produkt oder Zielpublikum ist, desto uncooler ist gereimte Werbung, genauso wie gerappte Werbung, um das mal auf den Punkt zu bringen. 

Zwei Strömungen – beide werden teilweise wild und wahllos ohne nachzudenken für Spots eingesetzt, wobei man sich eben oft fragt, warum weder Kunden noch Agenturen das bemerken – wobei ich fast glaube, dass es mehrheitlich die Kunden sind, die so etwas wünschen, aber nicht darüber nachdenken, was das bedeutet (á la “Wir wollen so einen Flüsterspot. Das war so toll bei der Katalogfirma, das wollen wir auch“). Den Agenturen wird oft nur bleiben, die Wünsche zu erfüllen. Sollte es andersrum sein, dann ist es natürlich ein echtes Armutszeugnis für eine Branche, die mit Budgets um sich wirft, von denen andere nur träumen können.