Samstag, 2. Januar 2016

Wie versenke ich das eigene Schiff?

Am 13.12.2014 verkündete Markus Lanz bei der letzten "Wetten dass..."-Ausgabe, dass an diesem Tag Fernsehgeschichte geschrieben werden würde. So kann man es auch sehen, wenn das einstmalige Flaggschiff des ZDF in steter inhaltlicher und quotentechnischer Talfahrt sich selbst mit blinden Augen ins Aus boxt und dieses als geschichtsträchtig vermarktet. Und als ob man nichts von den dortigen Fehlern gelernt hätte, hat sich im Jahre 2015 die ARD selbst ein Bein gestellt, indem man den etwas schwächelnden, aber immer noch beliebten "Musikantenstadl" kurzerhand selbst versenkt hat.

Mit durchschnittlich 4 Millionen Zuschauern war man immer noch eine Institution mit vor allem großer und treuer, meist etwas älterer Fangemeinde. Im unverständlichen Verjüngungswahn einer Show, die per se von Ausrichtung, Musikart und Präsentation ganz klar ein schunkelndes Friede-Freude-Bierzelt-Publikum anvisiert, wollte man die hippe Gruppe der bis zu 49-jährigen stärker begeistern. "Gut, dann einfach die Show absetzen und was anderes machen", würde jetzt direkt jeder des Ziel- oder nicht-Zielpublikums sagen. "Warum denn überhaupt?", würden die restlichen Fernsehmacher fragen, die meist eine deutlich niedrige Quote haben. "Weil wir´s können", so war wahrscheinlich die Antwort und das Unheil nahm seinen Lauf.

Nicht, dass ich ein Freund der abendlichen Schunkelberieselung gewesen wäre, aber seit dem Abgang des letzten Moderators Andy Borg, stellt man fest, wie eingespielt das alles war und wie gut Herr Borg selbst souverän jede Situation gemeistert und, das geneigte Publikum vorausgesetzt, dabei unterhalten hat.

Die neu getaufte "Stadlshow" hat hingegen ebenfalls TV-Geschichte geschrieben - und zwar gleich bei der ersten Sendung am 12.09.2015. Hier wurde ein Bravourstück abgeliefert, wie man solch einen Event nicht macht und hat damit ein Lehrstück erster Güte geschaffen. Gekonnt versagte man dabei in allen Belangen und durfte zudem erfahren, wie in den Köpfen der Macher eine "junge, hippe" Sendung aussieht.

Allein die ersten 8 Minuten zeigen dabei eine Show ohne Stimmung, bei der ein emotionsloses Moderatorenpaar vor einer sterilen Deko einschläfernde Moderationen zum Besten gibt, bei der jeder Musikeinsatz und -höhepunkt daneben geht, die Kamera wackelnd 90-er Jahre MTV-Feeling zu kopieren versucht und die Regie krampfhaft bemüht ist, möglichst keine über 40-jährigen ins Bild zu nehmen. 

Doch, wer hätte das gedacht, Publikum und Fans des "Stadls" sind noch nicht zu schwach, um auf die Fernbedienung zu drücken oder zu bemerken, was da alles nicht stimmt. Gnadenlos hat man die Show abgestraft und das historische Tief der Reihe eingefahren, indem man auf Anhieb über zwei Millionen Zuschauer zur letzten Sendung mit altem Konzept verloren hat. Zudem, wer hätte das gedacht, gibt es im Bereich der angestrebten bis 49-jährigen keinen Zugewinn zu verzeichnen.

An Silvester lief nun Aufgabe zwei und eigentlich ein sicherer Quotenbringer an diesem Tag - aber auch hier hagelte es ähnlich herbe Verluste und das wundert keinen. Zwar blieb das vollkommende Desaster gleich am Anfang aus, Stimmung wollte dennoch in der Halle nie richtig aufkommen und vor allem die beiden Gastgeber zeigten wieder, dass ein Lachen glaubhaft sein, selbst Kurzinterviews einen Sinn ergeben und Emotionen nicht Mangelware sein sollten. Zudem wäre es ratsam, wenn sie selbst erst noch einige Runden in anderen Formaten drehten, bevor man eine derartige Aufgabe übernimmt. Wie viel daran hängt, hätte man bei Lanz "Wetten dass..."-Versuchen durchaus mitnehmen können.

Und so ist man, wie schon Goethe sprach, "so klug als wie zuvor" und fragt sich, warum die Kapitäne derart ihre eigenen Schiffe versenken. Kopfschüttelnd kann man nur daneben stehen, denn eigentlich sollte jeder schon Meilen im voraus erkennen, dass die Bevölkerung durchaus älter wird, dass jüngere ebenfalls älter werden und dass zusätzlich eine Verjüngung einer Show, die nicht auf ein primär junges Publikum ausgelegt ist, nur nach hinten los gehen kann.

Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Verantwortlichen daraus etwas gelernt haben.
Hoffentlich.