Montag, 18. Juli 2016

Mit dem Fernsehen allein zu Haus



Anstelle sich weiter, wie es seine Pflicht und unser aller Erwartung ist, in die nächsten 20 “Wer wird Millionär“-Ausgaben zu stürzen, macht Günther Jauch in deren Sommerpause aber etwas ganz anderes – eine Quizzshow moderieren!

Deren Konzept ist ganz neu und debütierte in der USA vor einem Jahr. Der klangvolle Name “Die Quizzarena“ fügt sich dabei nahtlos an die anderer, ebenso abwechslungsreich klingender Klone wie “Quizzduell“, das “Hessenquizz“ oder schlicht “Das Quizz“, ein.
Regeltechnisch gibt´s zudem allerhand beachten, was man darf, was nicht und wann man rausfliegt. Am schlimmsten ist es aber, dass der Untertitel “500“ nicht als Scherz gemeint ist und der jeweilige Kandidat tatsächlich 500 Fragen beantworten soll. Ob das Zeitlimit nun auch nur fünf Sekunden beträgt, ist dabei hinfällig, denn wer dies ernst nimmt und ein gutes Allgemeinwissen hat, der bleibt dem Zuschauer lange erhalten. So wie ein Kandidat, der kurz vor der 200. Frage rausfliegt, kurz davor, einen fast drei zweistündige Sendungen begleitet zu haben.
Hier zeigt sich eben die grosse Schwäche des Ganzen. Die Sendung ist nicht schnell, sondern langsam, auch nur 50 Fragen zu beantworten (für die erste Gewinnstufe) ist mühselig und langwierig. Kann man dann noch mit dem Kandidaten selbst nichts anfangen, wird man ihn im Zweifelsfall eben nicht nach erträglichen 15 Fragen los.
Und selbst wenn man ihn mag, denkt man sich kaum:
“Oh, „schon“ bei Frage 115 – jetzt wird´s aber „spannend“, er hat ja “nur“ noch 385 Fragen vor sich!“
Quizzonkel Jauch kann zudem bei dem Konzept kaum seine Trümpfe ausspielen, verkommt zum reinen Fragevorleser, der kaum Zeit hat, mit den Kandidaten zu plaudern oder Spannung zu verbreiten.


Auf RTL2 läuft dabei zeitgleich wieder eine neue Staffel der Kuppelshow “Traumfrau gesucht“ an, bei der die üblichen Verdächtigen, die schon die Staffel(n) zuvor eine Partnerin in fernen Ländern nicht gefunden haben, dies erneut tun. Pflichtschuldigst machen sie wieder die gleichen Fehler, haben seit Jahren nichts gelernt, sollen dies wahrscheinlich auch gar nicht, denn dann wären die fabulösen Vorzeigesingles ja weg und die Sendung bräuchte neue Protagonisten. Dennoch - Fremdschäming at its best, genau das bietet man hier und alle machen mit, sowohl vor als auch hinter der Kamera.


Soweit, so altbekannt, denkt man sich und so kann man zu etwas späterer Stunde auf Astro-TV der einzig ehrlichen Sendung zusehen, die es noch gibt. im Dschungel der geskripteten Realität und aufgewärmten Formate: 
“Annetraut´s (ja, genau so) letzter Sendetag“ heisst es hier und man kann anrufen, um sein “Highlight“ zu erfahren, die “Märchenkarte“ oder sich (klingt sexy) eine “Liebeslegung“ machen lassen.
Dabei sitzt Annetraut mit starrem Kamerablick an ihrem Tisch und macht dem Testbild Konkurrenz. Ihr konsequentes Schweigen scheint ein stummer Schrei zu sein, ein Aufbegehren gegen den Konsum, eine groteske Kunstaktion. Ein einziges klares Wort unterbricht dieses Happening kurz:
“Naaaaaaa?“, wirft sie, weniger als Frage, als als Aussage ein, bevor man wieder der Apathie verfällt.

“Der Rest ist Schweigen“, wurde man nun sagen können, bis der Höhepunkt des Tages kommt und Annetraud folgende erhellenden, grundehrlichen Worte über den Äther schickt:

“Ja.
  Eh-hmmm.
  Hahahahaha.
  Ja.“

Eine Kaskade, Dürrenmatts besten Bühnendialogen gleich und in der Groteske wohl unübertroffen. Ein klares Statement, dass das derzeitige Fernsehen wohl kongenial zusammenfasst und dem Zuschauer unmissverständlich klar macht, dass man sicher wohl gar nichts mehr zu erwarten hat.

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