Sonntag, 10. Juli 2016

Die EM ist rum und mein Verstand hat sich verabschiedet

Ich bin wahrlich kein Fußballfanatiker. Früher vielleicht, als ich 10 war, den Tabellenstand der 1. und 2. Liga auswendig kannte und Klebebilderalben gesammelt habe. Doch sonst schau ich nur die Großveranstaltungen an, d.h. WM und EM. Die Dosis reicht - und auch hier kann es nur mal nebenher mitlaufen. Abgesehen davon haben diese Events ja auch ihre eigenen Regeln. Hier ist alles größer, auch die Emotionen. Hier sind wir alle viel breiter aufgestellt, WIR sind die Mannschaft.

Die sind durchaus toll, solche emotionsgeladenen Momenten. Und medial wird das ja auch stark begleitet und bis zum letzten Tropfen ausgepresst. Wer möchte, kann noch Stunden nach einem Spiel weiter sehen und sogar dann nachts nochmal die komplette Spielwiederholung.

Dabei prasselt so einiges auf einen ein. Per Vertrag hat die UEFA bei vielem mitzureden, stattet die Sender mit Bildern aus, muss vieles erstmal freigeben, hält dazu an, das Kürzel "Die Euro" zu verwenden, anstelle von EM. Leider, soviel scheint man bei den dortigen Marketingteams noch nicht bekommen zu haben, ist aber "Der Euro" schon begrifflich mit etwas anderem belegt, nämlich der Währungseinheit und so sträuben sich mir jedes Mal die Haare, "Die Euro" zu hören - einen reinen Kunstbegriff, der doppelt belegt ist - wer hat sich denn bitte das ausgedacht?

Nunja, damit muss man leben, Vertrag ist schließlich Vertrag, wobei man sich dann durchaus die Frage erlauben darf, wie es sein kann, dass trotz dieser massiven Bilderüberwachung dann fröhlich Löws Hygienekontrolle über den Bildschirm flackern kann? Warum stellt man anderen ganze Regelkataloge, die eingehalten werden sollen, vor die Nase, wenn man sich selbst nicht im mindesten daran hält. Jeder fünfjährige weiß doch ganz genau, dass diese Bilder übrig bleiben werden und, wie ja auch geschehen, sofort die virale Runde machen.

Einsamer "Höhepunkt" des EM-Zirkus war dann aber "Beckmanns Sportschule", die im Anschluß zu später Stunde ausgestrahlt wurde. Anstelle joviale Analysen in kuscheliger Expertenrunde hat man sich hier etwas ganz wunderbares ausgedacht.
"Lasst uns mal sowas richtig crazy abgefahrenes machen", wird man sich gesagt haben.
"Ja, so mit Kunst und dann super hintergründig und besonders wertvoll!"

Klar, das kann nur gut gehen bei so einem Plan. Die beste Kunst entsteht ja bekanntlich immer aus dem Willen, total künstlerisch sein zu wollen. Meist bleibt´s dabei aber, am Ende total künstlich zu sein. Und so wird man hier immer von allerlei ellenlangen Einspielern malträitiert, bei denen einzelne Experten Spielrollen übernehmen und man kurzfilmmässig gespielte Sketche serviert bekommt, fast schon grotesk zusammenhanglos und vor allem mit dem Prädikat behaftet: "wen interessiert das denn eigentlich".

Diese weiter zu beschreiben ist kaum möglich, da es unverständlich ist, das jemand im Vorfeld glauben konnte, dass das in irgendeiner Weise geistreich oder witzig sein soll. Immerhin, solange man das bemerkt, staunt man einige Minuten über die Tatsache, dass so etwas durchgegangen ist und kann dann getrost ausschalten - man weiß ja ganz genau, dass man nichts verpassen wird. Nicht die schlechteste Alternative also und tatsächlich am Ende doch noch ein grotesk-spitzbübischer Gedanke - das Fernsehen animiert die Zuschauer dazu, von alleine auszuschalten. Das Beste was einem passieren kann!

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