Mit über drei Millionen Zuschauer hat “Young Sheldon“ beim “The
Big Bang Theory“-Dauersender PRO7 für unglaublichen Jubel gesorgt. Auch in den
USA sahen 17 Millionen zu, also so viel wie zu TBBT-Höchstzeiten. Sicher ist es
die Anfangsneugier, die viele den Fernseher einschalten lässt. Zudem ist
Sheldon der beliebteste Charakter der Serie, hat damit auch eine große Fanbasis.
Produziert wird hingegen nicht vor Publikum und mit eher wenigen Ortswechselns,
quasi als Live-Theaterstück (wie in der Originalserie), sondern wie die andere
Chuck Lorre-Produktion “How I Met Your Mother“ dreht man klassischer wie bei
einem Spielfilm. Dadurch sind filmisch viel mehr Variationen möglich, auch
Zeitsprünge, Ortwechsel und verschiedene Drehorte werden damit einfacher. Jedes
Verfahren hat seine Vorteile, insofern garantiert keines Qualität oder mehr
Spaß für den Zuschauer, doch vom Grundgefühl geht die Serie damit eher in
Richtung “How I Met Your Mother“, auch weil der ältere Sheldon die Rolle eines
Erzählers aus dem Off einnimmt.
Dass man sich für dieses Verfahren entschieden hat, mag
nicht verwundern, ist der Hauptdarsteller doch gerade mal neun Jahre alt und
allein dies mag als Grund ausreichend, nicht vor Live-Publikum zu drehen. Auf
der anderen Seite hat man so teilweise immer den Eindruck eher in der anderen
Lorre-Produktion zu sein, als bei TBBT. Doch was zählt sind vor allem Inhalte –
und da merkt man schon in der zweiten Folge, dass sich das irgendwie schon
schnell erschöpft hat, wenn Sheldon hier Freunde sucht und sich das soziale
Verhalten der Menschen und von Freundschaften mit Hilfe des täglichen Lebens,
Beobachtungen und dem Studium von Büchern verinnerlichen möchte. Wem das
bekannt vorkommt, der hat sicher die TBBT-Folge “Der Freundschaft-Algorithmus“
(2. Staffel, 13) gesehen, da hier der erwachsene Sheldon genau das gleiche
versucht und viele Aussagen nicht zu den Erlebnissen in der Jugendserie passen
wollen.
Dass sich Ungereimtheiten ergeben würden, war ja von Anfang
an klar, schließlich gibt es die in der normalen Serie ja auch, wo Howard zu
anfangs von seinem Vater erzählt, als lebe der zu Hause oder Rajs Eltern noch
nicht als reich erwähnt werden (und vieles weiteres mehr). In der zweiten Folge
aber schon komplett eine Dublette vorzulegen ist nicht nur dreist, sondern auch
reichlich ideenlos, was allerdings okay wäre, wenn die Variationen toll oder
die Handlung voller Gags wäre.
Das Hauptproblem ist ohnehin, dass man bei der Originalserie
nicht nur einen Gaglieferanten hat, wie es bei “Young Sheldon“ der Fall ist,
sondern mit Raj, Howard und zumindest noch Amy schon viel mehr klassisch-komisches
Personal besitzt – und natürlich sind auch Bernadett, Penny und Leonard für
einige Lacher da, obwohl die eher die klassischen “Straight Man“ und “Straigh
Women“ sind, die Normalen also, die eher die Handlung voran bringen, weniger
Schrullen haben – und damit auch weniger Gags, da sie oft als Stichwortgeber
fungieren.
Bei “Young Sheldon“ wimmelt es aber nur noch so von “Straight
Persons“ und somit ist die Gagquote deutlich geringer – es gibt einfach weniger
zu erzählen und nur Sheldons Ticks bleiben meist übrig, was auch keine neuen
Arten von Komik hervorbringt, sondern eben immer mit den gleichen arbeitet,
womit einfach die Abwechslung fehlt.
Dass Hauptdarsteller Ian Armitage seine große Bürde sogar
ganz gut macht, bzw. er als Kinderdarsteller durchaus einige Sympathien auf
seiner Seite hat, ist dabei ein positiver Faktor, doch leider ist seine Figur
eher die des nervigen kleinen Schlaumeiers, wie man sie aus vielen anderen
Serien oder Filmen kennt, bei denen solch eine Nebenfigur meist für Gags
sorgte, aber auch oft ganz schön nervig ist, wenn er wieder seltsame Allüren an
den Tag legt. Dieses Gefühl bleibt hier nicht ganz aus, denn nicht jede
Schrulle ist witzig, genauso wenig die Gefühle von Personen zu verletzen (auch
in einer Comedy-Serie). Außerdem sind die Problematiken meist wirklich die
selben, mit denen der ältere Sheldon zu kämpfen hat und somit erwartet einen definitiv
keine Überraschung.
Nach einem gut gestarteten Piloten, für den man sogar “Iron Man“-Regisseur
Jon Favreau einkaufte, gab CBS die 21 restlichen Staffelfolgen in Auftrag, die
USA-Quoten sind mittlerweile um einige Millionen gepurzelt, die deutschen
können derzeit aufgrund eines Ausfalls der GfK-Messgeräte nicht ermittelt
werden. Ganz klar ist nur, dass sich das Publikum der beiden Serien nicht
überschneiden muss, obwohl “Young Sheldon“ sicher auf den Rückhalt der
TBBT-Fans angewiesen ist. Klar ist ebenfalls, dass das neue Format weniger
Lacher hat und das könnte sich schon bemerkbar machen in der Gunst der
Zuschauer.
Die Sendung läuft Montags 20.45 auf PRO7, eingerahmt von “The
Big Bang Theory“. Ich werde sie nicht noch einmal bewusst schauen, denn mehr
Lacher und Unterhaltung gibt es derzeit bei den diversen Verkaufskanälen, die
geradezu minütlich immer neuere und bessere, immer seltenere und edlere Uhren,
Staubsauger, Tansanitringe oder Putztücher anpreisen, die es so und in dieser
Art nicht mehr zu kaufen geben wird und allesamt unglaublich billig sind und
dem Sender nur Verluste einfahren. Das ist wenigstens Realsatire vom
Allerfeinsten.
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